Wir sind alarmiert durch die wachsende Anzahl von Angriffen antidemokratischer Kräfte unserer Republik auf die Freiheit der Kunst. Wir haben eine große Tradition zu verteidigen. Die deutsche Geschichte ist geprägt durch ein reiches kulturelles Leben und großartige künstlerische Leistungen. Der Austausch mit den Kulturen der Nachbarländer spielte immer eine große Rolle. Die Werke aller bedeutenden Dichter, Schriftsteller, Maler und bildenden Künstler sind international beeinflusst worden. Die deutsche Kultur gehört zum Erbe der Weltgemeinschaft.
Das war nicht immer so. Ein Rückblick auf die deutsche Kulturgeschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist aufschlussreich: Trotz des allgemeinen Aufblühens der Kultur während der Weimarer Republik eröffneten die Nationalsozialisten auf der Basis von Hitlers „Mein Kampf“ einen Kulturkampf gegen alles, was nicht in ihr Programm passte. Hier nur einige markante Beispiele: Bereits in den 1920er Jahren vertrieb in Weimar der erste nationalsozialistische Landtag Deutschlands das dort entstandene Bauhaus wegen seiner revolutionären progressiven Ideen. Es zog um nach Dessau.
Bei den Aufführungen des Films „Im Westen nichts Neues“ in den 1930er Jahren in Berlin randalierte die SA. Später, nach der sogenannten Machtergreifung 1933, wurden alle Parteien verboten, alle progressiven Kulturschaffenden verfolgt und außer Landes getrieben. Ihre Bücher wurden öffentlich verbrannt, weil sie nicht dem „Deutschtum“ entsprachen. Es entstanden die ersten KZ. Andersdenkende waren plötzlich Feinde, nicht nur die Juden, deren Verfolgung 1938 zur sogenannten Reichskristallnacht ihren vorläufigen Höhepunkt erreichte, ganz zu schweigen vom späteren Massenmord und dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges. All dies wurde unterstützt durch eine massive deutschtümelnde Propaganda eines Joseph Goebbels. Dem war der große Einfluss von Kunst und Kultur auf die Menschen bewusst. Deshalb mussten alle humanitären Tendenzen bekämpft und durch nationalsozialistische „völkische“ Inhalte ersetzt wer-den. Theater, Filme, Rundfunk, Schriftsteller, Komponisten, Maler und Bildhauer - alle durften nur noch der sogenannten „Deutschen Nationalkultur“ dienen. Kunst, die die Vielfalt einer pluralistischen Gesellschaft ausdrückte, wurde zum Feindbild.
Ein „grundsätzliches Bekenntnis zur deutschen Nationalkultur“ forderte 2020 auch der kulturpolitische Sprecher der AfD-Landtagsfraktion Hans Thomas Tillschneider in Magdeburg von allen Kulturschaffenden als Bedingung für finanzielle Förderung. Ausdrücklich bezeichnete er seine Forderungen als „Kriegserklärung an das links-liberale Kulturestablishment“. Der Thüringer Björn Höcke und seine Landtagsfraktion sprechen von „deutscher Leitkultur“ und „Eigentümlichkeiten des Nationalcharakters, in dem die deutsche Seele zum Ausdruck kommen soll“. Marc Jongen, kulturpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion im Bundestag, will die „Entsiffung des Kulturbetriebes“ in Angriff nehmen.
„Der Schoß ist fruchtbar noch aus dem das kroch!“ (B. Brecht). Wir von ver.di rufen alle Demokraten zur Verteidigung der Kultur auf! Wir solidarisieren uns mit dem Netzwerk „Die Vielen“, treten ein für faire Diskussionen und Toleranz im Umgang mit denkenden Menschen!
V.i.S.d.P.:
Oliver Greie
ver.di-Landesbezirksleiter
für Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen
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